Plump, laut, schwer und nicht besonders wohlriechend. Aber trotzdem geliebt. Meine Damen und Herren: das Schwein. Manchmal stimmt es wirklich, dass das Aussehen unwichtig ist. Das Schwein (oder Ferkel, Farken, pig, cochon usw.) ist das beste Beispiel dafür. Es ist schon eigenartig, dass ein ganz und gar nicht elegantes Wesen seit der Vorgeschichte eine derart wichtige Rolle für die Menschheit eingenommen hat, dass es manchmal sogar verehrt wird. Die Verarbeitung von Schweinefleisch, ein besonders wichtiges Element in der kulinarischen Tradition unzähliger Kulturen, ist nicht die einzige Eigenschaft, weshalb die Existenz des Tiers seit jeher besonders eng mit der des Menschen verwunden ist.

Kult und Verehrung

Bereits in der Jungsteinzeit war das Bild des Schweins mit dem Kult der Göttin, der Mutter aller Dinge, verbunden. Insbesondere aufgrund seiner Eigenschaft als „aasfressendes“ Tier, das sich von verrottendem organischem Material ernährt, wurde im Schwein eine doppelte Bedeutung von Tod und Wiedergeburt gesehen. Seit der Frühzeit der Menschlichkeit war das Schwein auch in Form der wild lebenden Spezies des Wildschweins stets in jeder Tradition mit dabei - egal ob volkstümliche oder künstlerische Darstellungen. Bei ägyptischen, griechischen und römischen Ritualen hatte die Opferung von Schweinefleisch reinigende und versöhnende Zwecke und in christlichen Texten hat das Tier einen starken symbolischen Charakter: Im neuen Testament erscheint das Wort „Schwein“ samt aller Synonyme ganze zwölf Mal. Auch die Gründung Roms ist der Legende zufolge mit einer Sau verbunden, die von Aeneas gejagt genau dort gefangen wurde, wo nach der Geburt von Romulus und Remus die Stadt gegründet wurde.

Wurstwaren und Fleisch vom Schwein: ein italienischer Rekord

Wenn das Schweinefleisch auch schon seit Jahrhunderten von verschiedenen Zivilisationen gegessen oder verboten wurde, gehen die ersten Zeugnisse betreffend die Verarbeitung von Schweinefleisch auf das römische Zeitalter zurück und stammen ausgerechnet aus unserem Land. Es war in Italien, wo der Vorgang zur Herstellung von Wurstwaren entstand, um das Fleisch länger haltbar zu machen. In nordischen Ländern wurde das Fleisch hingegen durch Trocknung haltbar gemacht. Lukanien scheint die Region zu sein, in der die Vorläufer der Salami entstanden. Nach einer Wurstsorte war Cicero selbst derart verrückt, dass er sogar eine Magenverstimmung bekam. Sie wurde „Lucanica“ genannt. Nach Rom gelangte dieses Produkt durch die Sklaverei. Und dort wurde es schnell zu einem unabdingbaren Nahrungsmittel auf den Tischen der Adeligen. Von Rom aus fasste die Wurstwarenherstellung dann auch in Norditalien (damals das Cisalpinische Gallien) Fuß und gelangte bis nach Nord- und Osteuropa.

Religiöse Ikonen: Symbol für den Winter und die Inkarnation der Sünde

In vielen romanischen Kathedralen wie etwa in Parma oder Ferrara, für ihren Schinken und die Wurstsorte Salama da Sugo bekannt, aber auch in Modena und Lucca, sind auf den Flachreliefs die Herbst- und Wintermonate dargestellt und zeigen Bauern bei der Verarbeitung von Schweinefleisch. Tatsächlich wurde das Fleisch eher bei niedrigen Temperaturen verarbeitet, um eine längere Haltbarkeit und eine sorgfältigere Verarbeitung sicherzustellen. Diese Regel wird von allen, die sich an eine traditionelle Lagerung halten, bis heute berücksichtigt. In der christlichen Religion wurde das Tier oftmals als Symbol der Sünde dargestellt, jedoch in Kombination mit der Erlösung durch Sant’Antonio del Porcello (Antonius der Große), der seinen Namen der Tatsache zu verdanken hat, dass in seiner Nähe stets ein Ferkel zu sehen ist. Diese Kombination hat einen geschichtlichen Hintergrund, dessen Spuren zur Legende über das Leben des Heiligen zurückführen. Die volkstümliche Tradition besagt nämlich, dass der Teufel, der gegen den Hl. Antonius kämpfte, nach seiner Niederlage von Gott dazu gezwungen wurde, den Heiligen in Form des kleinen Tiers überallhin zu begleiten. Tatsächlich gilt die Darstellung jedoch als Andenken des Rechts der Schüler des Heiligen Antonius im Jahr 1095 aus Schweinefleisch Fett „Lardo“ herzustellen, das zusammen mit Heilkräutern zur Behandlung von Herpes Zoster, auch als „Feuer des Heiligen Antonius“ bekannt, eingesetzt wurde.

Eine geschichtliche Erzählung: Die Tradition von Norcia

Die Stadt, die wahrscheinlich den Rekord, zumindest in linguistischer Hinsicht, betreffend die Verarbeitung von Schweinefleisch hält, ist Norcia. Auf diesen Ort in der Provinz Perugia geht das Wort „norcino“ zurück. Dieses bereits in der Römerzeit verwendete und noch heute in ganz Italien verbreitete Wort steht für alle, die Schweinefleisch nach uralten Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, verarbeiten. Wie alle alten Wörter steckt auch dieses voller Geschichte und Erfahrung. Aber wenn wir von den „Norcini“ sprechen, dann darf keinesfalls an genießerische Männer gedacht werden, die mit der Herstellung von meterlangen Würstchen und Wurstwaren beschäftigt waren. Der Ursprung dieses Wortes liegt in ärmlichen Verhältnissen verborgen. Das Wort Norcino entstand tatsächlich in der winterlichen Kälte, während der Bauernfamilien, die sich lediglich ein einziges Schwein pro Jahr leisten konnten, von dem die ganze Familie so lange wie möglich ernährt werden musste, alle Geheimnisse erlernten, um jeden Teil des wertvollen Schweins zu nutzen, um den täglichen Kampf um das Überleben zu gewinnen. Genau daher stammt auch das Sprichwort, dass „vom Schwein kein Teil weggeschmissen wird“.